In Erwitte und Geseke soll bis 2045 die Zementproduktion klimaneutral funktionieren. Foto: Iris Rieth-Menze
21.02.2024

Ziel: Klimaneutraler Zement

Die Region Erwitte/Geseke will zur Modellregion für die klimaneutrale Zementproduktion werden. Eine Machbarkeitsanalyse zeigt nun Lösungsansätze auf, wie das gelingen kann.

Klar ist: Es wird ein langer und kostenintensiver Prozess. „Es gilt, ein sehr dickes Brett zu bohren. Die Entwicklung einer CO2-neutralen Zementproduktion in der Region ist eine Herkulesaufgabe“, so Projektleiter Dr. Dirk Brexel. Dazu werden auch große zusätzliche Mengen an CO2-neutraler und grundlastfähiger Elektrizität benötigt.

Die Zementbranche ist ein wichtiger Industriezweig in Westfalen: 12 von 15 Werken in NRW stehen in der Region – 53 Werke gibt es deutschlandweit. Allein in Erwitte und Geseke wird an fünf Standorten Zement produziert. „Dabei fallen jährlich etwa 2,5 Millionen Tonnen CO2 an“, erklärt Brexel. Zwei Drittel davon sind unvermeidbar. Sie entweichen im Brennprozess aus dem Rohstoff Kalkstein. Es stellt sich also die Frage, wie man diese Mengen an CO2 abscheiden und auffangen kann, und was dann anschließend mit dem CO2 geschieht.

Bis 2045 klimaneutrale Zementproduktion

„Die Abscheidung des CO2 benötigt einen hohen Energieeinsatz“, erklärt Ingenieur Brexel weiter. Er hat in seiner Analyse untersucht, ob es dafür regionale Lösungen gibt und wie diese aussehen könnten. Die Erkenntnis der Arbeit der vergangenen 15 Monate lautet: „Im Verbund wird es nicht funktionieren. Die Betreiber der fünf Werke müssen individuelle Lösungen für eine CO2-neutrale Anlagentechnologie finden.“

Bis 2045 will die Region ihr Ziel erreichen. Dazu müssten bis 2030 die Weichen gestellt werden, so der Ingenieur weiter. Wichtig sei es nun, in weiteren Schritten zu klären, wie der benötigte Strom aus regenerativen Quellen zu den Werken gelangen kann, und über welche Transportwege das abgeschiedene CO2 zu unterirdischen Speicherorten in der Nordsee vor Dänemark und Norwegen transportiert werden kann. Denn in Deutschland ist bisher die Erforschung, Erprobung und Demonstration der CO2-Speicherung nur in begrenztem Ausmaß erlaubt. In den kommenden zwei Jahren sollen weitere Analysen klären, welche Lösungen realisierbar und wirtschaftlich sind. Finanziert werden die weiteren Arbeiten von den Unternehmen.

Unterstützung vom Land

Die Landesregierung unterstützt das Vorhaben. „Wir wollen die klimaneutrale Transformation der Wirtschaft zum Gelingen bringen. Selbst wenn keine fossilen Energieträger mehr im Einsatz sind und alle Effizienz- und Innovationspotenziale ausgeschöpft, werden wir in einzelnen Bereichen noch beträchtliche Mengen an unvermeidbaren CO2-Emissionen haben, mit denen wir umgehen müssen“, sagt NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur. Die Ergebnisse im Projekt zur klimaneutralen Zementproduktion aus Erwitte und Geseke seien wegweisend für die Zukunft der Zementindustrie in Nordrhein-Westfalen, so die Ministerin weiter.

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Seit mehr als 100 Jahren prägt die Zementindustrie die Region Erwitte/Geseke. Die Kalksteinvorräte dort reichen noch für einige Jahrzehnte. „Die Produkte der Zementindustrie werden gebraucht – von renovierungsbedürftigen Autobahnbrücken bis zum Fundament für Windräder. Wir wollen zeigen, wie der vorgegebene Weg zu weniger CO2 gelingen kann und welche Infrastrukturinvestitionen hierzu notwendig sind. Die Umbaupläne der Zementindustrie für ihre Werke sind dabei nur ein Schritt, ebenso wichtig wird der Anschluss unserer Modellregion an die verschiedenen Pipelinenetze sein“, erklärt Gesekes Bürgermeister Dr. Remco van der Velden.

Die Modellregion umfasst die beiden Kommunen Erwitte und Geseke, die fünf Zementhersteller mit Drehofenanlagen in Geseke und Erwitte, den Verein Deutscher Zementwerke als Dachverband der Zementindustrie sowie die Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Kreises Soest. Sie wird durch die Landesgesellschaft für Energie und Klimaschutz „Energy4Climate“ eng begleitet.

jüb, wsp

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